Wer sind wir?

once upon a time…

Im Januar 2015 fanden wir uns in kleiner Runde zusammen, mit dem Ziel selbstbestimmt und aktiv linksradikale Politik zu betreiben. Durch die zu diesem Zeitpunkt für uns kaum vorhandenen politischen Alternativen sahen wir uns nicht oder nur unzureichend vertreten, daher keimte in uns der DIY-Gedanke. Wir waren und sind immer noch angekotzt von den Widersprüchen und Missständen des kapitalistischen Systems, in dem wir leben. Also beschlossen wir uns nicht weiterhin abends bei einem Bier in der Kneipe über die bestehenden Verhältnisse auszukotzen, sondern uns als Gruppe zu organisieren und selbstständig Felder linksradikaler Politik zu bespielen und diese gemeinsam zielgerichtet zu thematisieren.
Der gesellschaftliche Kontext, in dem wir uns befinden ist heute immer noch zum Großteil heteronormativ organisiert. Das bedeutet, dass Menschen in einem Geschlechterdualismus kategorisiert und nach wie vor traditionellen Rollenbildern zugeordnet werden. Unterm Strich bedeutet das für diejenigen, die dabei als „Frauen“ identifiziert werden, eine Benachteiligung. Daher ist es kein Zufall, dass bei offemsiv „Frauen“ die Initiative ergriffen. Es ist vielmehr eine strukturelle Entscheidung gewesen, um einerseits einen politischen Freiraum für linksradikale Frauen* zu schaffen und andererseits einer wahrgenommenen männlichen* Dominanz in Szenekreisen etwas entgegenzusetzen. Der Zugang zu emanzipatorischen Gruppen und auch das Behaupten in einer solchen, fällt Cis-Männern* in vielen Fällen leichter. Dies lässt sich aus einer männlichen Hegemonie ableiten, welche sowohl in gesamt-gesellschaftlichen als auch in lokalen linksradikalen Kontexten wieder zu finden ist. Dennoch streben wir nicht an, bisherige Versuche und Praxen der politischen Organisation der radialen Linken auszuhebeln oder zu demaskieren, sondern wollen mit offemsiv eine neue Möglichkeit schaffen, um ebenso auch in einen gemeinsamen Austausch und aktiven Dialog mit weiteren emanzipatorischen Kräften zu treten, bei denen neben weiteren antifaschistischen und linken Perspektiven auch ein feministisches Konzept präsent bleibt.

make feminism great again

Eine feministische Perspektive liegt unserer Arbeit stets zu Grunde. Mit einem Blick auf die Vergangenheit, aber auch auf die aktuelle gesellschaftliche Situation hat Feminismus seinen Ursprung in verschiedensten Frauenbewegungen, aber auch anderen politischen Gruppen, deren Intention und Kernposition, das Aufheben von Unterdrückungsstrukturen gegen Frauen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu befreien, war und ist. Solche Kämpfe entstanden an verschiedensten Stellen, um an konkreten Forderungen, wie beispielsweise dem Frauenwahlrecht oder dem Recht auf Abtreibung, zu arbeiten, aber auch die allgemein gesellschaftliche Rolle und Marginalisierung der Frau zu thematisieren und aufzubrechen.
Unser Verständnis von Feminismus zielt darauf ab, patriarchale Zwänge aufzudecken und sozial wie auch politisch zu zerlegen. Zudem sehen wir weitere Aspekte damit Hand in Hand gehen, wie beispielsweise das Abschaffen von Geschlechterrollen und -kategorien, sowie das Aufhebeln des binären Geschlechtersystems. Den damit einhergehenden Machtkonstruktionen und -gewichtungen muss somit die vermeintliche Grundlage für heteronormative und  sexistische Fundamentserklärungen entzogen werden. Um eine Gemeinschaft gleichgestellter Menschen, die sich vom Gemeinwohl nehmen können, was sie brauchen, umzusetzen, darf einer emanzipatorischen Zukunft keine patriarchale Perspektive innewohnen.

Die Verkettung der Kackscheiße…

Wichtig ist zu wissen, dass, wenn wir von Feminismus sprechen, diesen stets eingebettet und als Bestandteil sämtlicher sozialer Kämpfe, die aus gesellschaftlichen Missständen und Unterdrückungsformen hervorgehen, sehen. Diese Kontextualisierung ist uns wichtig, um eine subversive Kritik an allen Unterdrückungsmechanismen und den damit einhergehenden Facetten anbringen zu können. Deshalb sprechen wir explizit von Grundwidersprüchen als politisches Konzept, um eine Hierarchisierung dieser auszuschließen und die Verkettung der verschiedenen Problemlagen deutlich zu machen.
Der Grundwiderspruch, der sich hierbei überall wiederfinden lässt, ist der  zwischen Bourgeoisie und Lohnabhängigen im Kapitalismus. Dieser ist allerdings zwangsweise antagonistisch. Das heißt, er kann nur revolutionär gelöst werden. Reformen mildern hier nur vermeintlich die Notlagen der Besitzlosen, ändern aber nichts am Grundprinzip der Ausbeutung von marginalisierten Gruppen im kapitalistischen System.
Dies zeigt sich besonders deutlich an dem Phänomen der sogenannten sozioökonomischen Mittelklasse in den Industrienationen. Die ausgeübte Lohnarbeit dieser Gruppe wurde durch die Ausweitung auf Bereiche wie Verwaltung, Organisation, Kontrolle und Expert*innenwissen in seiner Funktion neu definiert und dem sich stets wandelnden Kapitalismus angepasst. Daraus ergibt sich für die Menschen der Mittelklasse eine neue materielle Basis um ein gutbürgerliches Leben zu führen. So ist Malle immerhin einmal im Jahr und auch die eigenen vier Wände mit Garten sind für viele in Sicht. Das Gefühl der Lohnabhängigkeit und die Solidarisierung mit marginaliserten Gruppen schwindet dadurch stets. Man zählt sich schlichtweg nicht dazu und treibt das Rädchen der nationalen Profitentwicklung beständig voran und verwaltet dieses sogar.
Zudem ist die heute ausgebeutete Klasse an vielen Stellen schwer zu fassen. Sie ist aufgrund unterschiedlicher Einkommen, Vermögen, Besitzverhältnisse, Bildung, Wohnsituation, Gesundheit, Lebenserwartung ausdifferenziert und mehrdimensional. Daraus entsteht eine ökonomische Individualisierung. Ein gemeinsames Bewusstsein zum Aufbegehren oder gar zum revolutionären Aufstand wird so erschwert. Dies zeigt sehr gut, wie es der Kapitalismus schafft, sich auf neue Gepflogenheiten im sozialen und staatlichen Kontext einzulassen und sich so im System zu verankern. Immer wieder entstehen zwar soziale Bewegungen und Kämpfe, die versuchen, die Missstände zu verbessern – verbessern ist an dieser Stelle aber auch der maximale Anspruch. Dadurch bieten soziale Bewegungen oftmals eine große Fläche für bürgerliche Vereinnahmungen. Die Klassenwidersprüche können nur verschleiert und auf ein Minimum der Lebensqualität angepasst werden. Dies zeigt sich unter anderem an der Einführung des Mindestlohnes.
Dass der Kapitalismus keine reine Wirtschaftsform ist, zeigt sich beispielsweise in den vermeintlichen Hilfsangeboten von Stiftungen und staatlich-sozialen Einrichtungen, um den ökonomisch und sozial schlechter gestellten Menschen das Gefühl zu geben, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Aber auch dies wird keineswegs freigiebig verteilt, so muss erst das Wissen für Bürokratie und Behördengänge aufgebracht und die eigenen Lebensverhältnisse offen gelegt werden. So ein Vorgehen schürt weiterhin die Endsolidarisierung untereinander. Dabei ziehen mehrfach stigmatisierte Menschen den Kürzeren.
Auch Antifaschismus bleibt hierbei eine notwendige Parabel, um die verschiedenen Problemlagen und Missstände aufzuzeigen und dagegen vorzugehen. Unsere Kritik und damit einhergehende Handlunsgprämisse richtet sich dabei nicht nur gegen Nazis, sondern alle rechten Strömungen, die diskriminierende und reaktionäre Weltbilder und Ideologien im kapitalistischen Normalzustand festsetzen.
Es ist wichtig, den unterschiedlichen menschenverachtenden Einstellungen etwas entgegenzusetzen und die Betroffenen zu unterstützen. Wir wollen dabei aber nicht die Art und Weise der Solidarisierung und Kämpfe vorgeben, sondern gemeinsam auf Augenhöhe an Lösungen arbeiten und diese gemeinsam angehen. Uns ist es wichtig, die Verkettung der einzelnen Problemlagen offen zu legen und zu thematisieren, damit die Ungleichheiten nicht losgelöst voneinander betrachtet werden, sondern auf eine universelle Ebene von Ungleichheit und Dominanzkulturen gehoben werden. In der Gesellschaft, in der wir leben, ist es wichtig ein Bewusstsein für die Verkettung der Problemlagen zu schaffen, um einen umfassenden Solidarisierungseffekt voranzubringen.

Eine andere Welt ist möglich…

Das Reflektieren der eigenen -ismen und das Erkennen der gesellschaftlichen Ungleichheiten ist ein wichtiger und unabdingbarer Grundstein für einen besseren Ist-Zustand, damit die vorhandenen Herrschaftsverhältnisse nicht mehr in der gleichen Stärke legitimiert und reproduziert werden. Es bedarf einer neuen sozialen Praxis, in der solidarisches Zusammenleben möglich wird. Eine befreite Gesellschaft ist in unseren Augen negativ aus den bestehenden Verhältnissen ableit- und entwickelbar. Also eine Welt, in der Staaten, Nationen und Kapital(ismus) überwunden sein werden und sich explizit mit einem neuen Bewusstsein der sozialen Praxis und der (Reproduktions-)Arbeit auseinandergesetzt worden sein wird.
Arbeit ist der Gradmesser der kapitalistischen Gesellschaft, getreu dem Motto: Haste was – biste was. Die Neubestimmung von Arbeit kann dabei Perspektiven für eine neue gesellschaftliche Praxis aufzeigen. Dabei soll sie nicht nur die unmittelbaren materiellen Bedürfnisse durch Lohn befriedigen, sondern auch abseits von Zwang und den entfremdeten Verhältnissen zur freien Entfaltung beitragen. Eine revolutionäre Praxis setzt hierbei für uns selbstorganisierte und selbstverwaltete Arbeiter*innen- und Rätestrukturen voraus, worin die Werktätigen selbst, unbürokratisch sowie direkt über ihre Interessen und die Richtung ihrer Kämpfe entscheiden können und müssen. Großes Ziel muss es hierbei sein sich der kapitalistischen Verwertungslogik zu entziehen, so dass die Produktion selbst nur noch den Menschen und nicht mehr dem Profit dienlich ist.
Vergessen werden darf in diesem Zusammenhang auf gar keinen Fall die Reproduktionsarbeit, die in der heutigen Gesellschaft hauptsächlich von Frauen* getragen wird. In einer befreiten Gesellschaft müsste diese also komplett reorganisiert und fair aufgeteilt werden, da mit der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln alleine, die Befreiung der Frau* von der Reproduktionsarbeit noch nicht geleistet ist. Eine gemeinschaftliche Organisation könnte durch kollektive Kindergärten, Schulen, Wäschereien und Volxküchen geleistet werden, sodass die Familie als Versorgungsinstitution nicht mehr zwingend notwendig ist. Dies ermöglicht ein freies Zusammenleben in selbst gewählten Lebensformen.

If the kidz* are united

Für eine befreite kommunistische Gesellschaft steht die Subjektwerdung des Menschen, bei der die Eigenschaft als Objekt aufgehoben wird, im Vordergrund, um eine Befreiung des Subjektes voranzubringen. Dies geht mit der Erkenntnis über die einzelnen Verschränkungen der kapitalistischen Gesellschaft einher. Es kann im Kommunismus nicht um die Aufrechterhaltung einer Klasse gehen, sondern um ein Wegfall solcher Identitäten. Er muss zugunsten der Gemeinschaft von Menschen erfolgen. Das Ziel ist somit die Subjektwerdung und daraus abgeleitet die klassenlose Gesellschaft, bei der die Überwindung sämtlicher Herrschaftsformen notwendig und unumgänglich ist.
Um dies zu erreichen, ist es für uns wichtig, die eigenen Aktionsfelder von Beginn an regional und vor Ort anzubinden. Dabei bilden Vernetzung und Erfahrungsaustausch wichtige Zugangspunkte, um eine handlungsfähige Struktur zu schaffen. Der Aktionsradius unserer Gruppe beinhaltet hierbei zum einen eine theoretische Auseinandersetzung und Analyse von linksradikalen und emanzipatorischen Themen, sowie eine daraus ableitbare praktische Arbeit. Eine Solidarität mit bereits geführten Kämpfen ist uns hierbei ebenso wichtig, um einen gemeinsamen Dialog zu forcieren und so gemeinsam Zugangswege zu einer klassenlosen Gesellschaft auszubauen, weshalb wir auch eine Beteiligung an Bündnissen wichtig finden und in der Vergangenheit und Gegenwart bereits praktiziert haben.
Eine revolutionäre Praxis kann nur entstehen, wenn linksradikale und emanzipatorische Inhalte und Grundsätze mehrheitsfähig werden und viele Menschen erkennen, dass ein Aufhebeln der Grundwidersprüche hin zu einer klassenlosen Gesellschaft Bedingung für schönes und diskriminierungsfreies Leben ist. Dafür bedarf es in der Praxis ebenso  Anknüpfungspunkte  für Menschen die politisch bisher nicht organisiert oder sensibilisiert sind, wie auch für Menschen die sich schon seit langer Zeit in emanzipatorischen Kontexten aufhalten. Viele der bereits genannten Kämpfe können nicht allein geführt werden, so dass eine offene Grundhaltung für Zusammenarbeit mit verschiedenen linksradikalen Strukturen ein wichtiger Bezugspunkt für die Umsetzung unserer Ziele bleibt.

Fight the system

Uns ist klar, dass auch wir selbst als Individuen in dieser Gesellschaft in unterschiedlicher Weise sozialisiert worden sind, sodass es auch für die Arbeit in unserer Gruppe wichtig und unabdingbar ist, dass wir gemeinsam unsere Perspektiven und Positionen regelmäßig reflektieren und zur Diskussion stellen. Dominanzkulturen und Diskriminierung gibt es leider auch in innerlinken Strukturen, so dass wir alle angehalten sind, die eigene Rolle und das eigene Handeln sowohl als Einzelperson als auch als organisierte Gruppen zu überdenken und zu reflektieren, um diskriminierendes Verhalten abzubauen und zu dekonstruieren.
All die hier von uns beschriebenen Forderungen, die zu revolutionären Veränderungen führen können, müssen stets (von uns allen) in ihrer Gesamtheit gepackt und angegriffen werden. Das Bewusstsein für die Unteilbarkeit der Kämpfe und den damit einhergehenden Konsequenzen ist dabei unbedingt notwendig.
Diesen Grundsatz zu verstetigen und gemeinsam diesen Prozess immer wieder anzuschieben, ist der praktische Sinn von offemsiv.

In diesem Sinne: Grrrlz to the front!